Alfalfa mosaic virus (AMV) in Cannabis – Symptome, Übertragung und Bedeutung
Das Alfalfa mosaic virus (AMV) gehört zu den ältesten bekannten Pflanzenviren und wurde bereits in den 1970er Jahren erstmals mit Cannabis sativa in Verbindung gebracht. Es besitzt eine breite Wirtspalette, ist weltweit verbreitet und kann unter bestimmten Bedingungen auch bei Hanfpflanzen Ertragsverluste verursachen – insbesondere durch Blattveränderungen, Wuchsdepression und mögliche Infektion über Samen.
Allgemeine Eigenschaften von AMV
AMV ist ein positives Einzelstrang-RNA-Virus aus der Familie Bromoviridae, Gattung Alfamovirus. Es besitzt ein segmentiertes Genom (vier RNA-Segmente) und benötigt für seine vollständige Infektion eine viruskodierte Hüllkomponente. Das Virus ist auf natürliche Weise in zahlreichen Kulturpflanzen wie Luzerne, Kartoffel, Erbse, Paprika oder Tomate verbreitet – was es auch für Cannabis relevant macht.
Symptome bei Cannabis
In der vegetativen Phase
- Adernbandung: Auffällige Aufhellungen entlang der Blattadern, die sich netzartig abzeichnen
- Mosaikmuster: Hell- und dunkelgrüne Flecken oder Sprenkel auf den jungen Blättern
- Blattverformungen: Neue Blätter erscheinen oft wellig, gekräuselt oder leicht verkrüppelt
- Verlangsamtes Wachstum: Vor allem bei frühen Infektionen kann die Pflanze in ihrer Entwicklung zurückbleiben
In der generativen Phase
- Fortbestehende Mosaik-Symptome an jüngeren Blättern
- Reduzierte Assimilationsleistung, was zu kleineren Blütenständen führt
- Weniger Vitalität, vor allem bei Belastung durch andere Stressfaktoren
- Keine direkten Harzveränderungen, jedoch können indirekt Erträge sinken
Im Vergleich zu aggressiveren Viren (z. B. HLVd oder BCTV) wirkt AMV relativ mild, ist aber in Mischinfektionen ein nicht zu unterschätzender Co-Faktor.
Übertragungswege
AMV kann sich sowohl horizontal als auch vertikal verbreiten:
- Blattläuse (z. B. Aphis gossypii, Myzus persicae, Phorodon cannabis) übertragen das Virus im nicht-persistenten Modus – schon ein kurzer Einstich reicht aus
- Samenübertragung: In verschiedenen Wirten (Luzerne, Paprika) wurde gezeigt, dass das Virus auch über infiziertes Saatgut weitergegeben werden kann. Für Cannabis sativa fehlen exakte Zahlen, aber das Risiko wird als realistisch eingeschätzt
- Mechanische Übertragung ist ebenfalls möglich (z. B. über kontaminierte Werkzeuge oder Hände)
Bedeutung im Hobbyanbau
Für Hobbyzüchter birgt AMV mehrere Risiken:
- Verwechslung mit Nährstoffmangel: Mosaik oder Adernbandung kann leicht als Magnesium- oder Eisenmangel interpretiert werden
- Versteckte Verbreitung durch Samen: Gerade weil zertifiziertes virusfreies Saatgut im privaten Bereich kaum verfügbar ist, könnte AMV unbemerkt eingeschleppt werden
- Infektionsquellen im Umfeld: Da AMV viele Wirtspflanzen hat, können Unkräuter oder Nachbarkulturen (z. B. Erbsen, Klee, Tomaten) Virusreservoirs darstellen
Diagnostik
- RT-PCR (Reverse Transcription Polymerase Chain Reaction) ist die zuverlässigste Nachweismethode
- ELISA (Enzyme-Linked Immunosorbent Assay): Für AMV existieren kommerzielle Antikörper-Testkits, die auch im Gemüsebau eingesetzt werden
- Schnelltests: Immunostrip-Schnelltests sind über spezialisierte Laborausstatter erhältlich, können auch im Hobbybereich eingesetzt werden
Prävention und Management
Vorbeugung:
- Blattlausbekämpfung: Einsatz von Gelbtafeln, Neem-Öl, Nützlingen wie Marienkäfern oder Schlupfwespen
- Unkrautmanagement: Entfernen potenzieller Wirtspflanzen in der Umgebung (z. B. Klee, Luzerne)
- Werkzeughygiene: Desinfektion nach jeder Pflanze (z. B. mit Isopropanol oder Virkon S)
- Quarantäne neuer Pflanzen: Neue Stecklinge oder Keimlinge mindestens 2 Wochen separat beobachten
Umgang mit Saatgut:
- Oberflächliche Samensterilisation: z. B. 10 % Natriumhypochlorit-Lösung für 1–2 Minuten, anschließend gründlich mit Wasser spülen
- Virustests an Elterngenerationen: Wer selbst Samen produziert, sollte die Mutterpflanzen regelmäßig auf AMV testen lassen
Keine Heilung – aber Selektion möglich:
Einmal infizierte Pflanzen bleiben systemisch kontaminiert. Heilung ist nicht möglich. Die einzige Möglichkeit, AMV zu eliminieren, wäre eine Meristemkultur in vitro – im Hobbybereich praktisch nicht umsetzbar. Stattdessen sollten betroffene Pflanzen aussortiert und vernichtet werden.
Fazit
AMV ist kein Killer-Virus wie HLVd oder BCTV, aber durchaus ernst zu nehmen. Vor allem durch seine mögliche Samenübertragung und die große Zahl potenzieller Vektoren stellt es eine versteckte Gefahr dar – besonders im Hobbyanbau, wo standardisierte Virusfreiheit meist fehlt. Gute Hygiene, Quarantäne neuer Pflanzen und Aufmerksamkeit gegenüber Mosaiksymptomen sind die besten Werkzeuge gegen die stille Verbreitung von AMV.
Quellen
- Miotti, N. et al. (2023): A Guide to Cannabis Virology. Viruses 15(7):1532
- Kegler, H. & Spaar, D. (1997): On the Virus Susceptibility of Cannabis sativa L. Archives of Phytopathology and Plant Protection 30(5):457–464
- ICTV Virus Taxonomy: Alfalfa mosaic virus
- Hull, R. (2014): Plant Virology, 5th Edition, Academic Press – Kapitel zu AMV
- Julius-Kühn-Institut (2022): Pflanzengesundheit – Anforderungen für Hanfsaatgutimporte