Cannabis Mitovirus 1 (CasaMV1) – Das unsichtbare Virus in Hanf?
CasaMV1 (Cannabis sativa mitovirus 1) gehört zu einer Klasse von Viren, die lange Zeit ausschließlich bei Pilzen bekannt waren: den Mitoviren. Diese außergewöhnlichen RNA-Elemente replizieren nicht im Zellplasma, sondern in den Mitochondrien der Wirtszellen – und kommen auch in Hanf vor. CasaMV1 wurde erstmals 2021 durch tiefgreifende Transkriptomanalysen bei Cannabis entdeckt.
Allgemeine Informationen
- Name: Cannabis sativa mitovirus 1 (CasaMV1)
- Taxonomische Einordnung: Familie Mitoviridae
- Genom: Positivsträngige Einzelstrang-RNA (ssRNA+), nicht segmentiert
- Virionen: Keine – CasaMV1 bildet keine Viruspartikel, es ist ein sogenanntes „nacktes“ RNA-Virus
- Replikationsort: Mitochondrien der Pflanzenzellen
Verbreitung und Übertragung
CasaMV1 unterscheidet sich grundlegend von klassischen Pflanzenviren:
- Keine horizontale Übertragung: Nicht durch Kontakt, Vektoren oder Werkzeuge übertragbar
- Keine Insektenvektoren
- Keine mechanische oder pollenbasierte Ausbreitung
- Ausschließlich vertikal vererbt: CasaMV1 wird beim Zellzyklus mitvererbt – ähnlich wie Mitochondrien selbst
- Übertragung erfolgt über Samen oder vegetative Reproduktion
Das Virus „reist“ mit der mitochondrialen RNA und wird an Tochterzellen weitergegeben – bei Fortpflanzung ebenso wie bei Stecklingsvermehrung.
Symptome bei Cannabis
Bislang wurden keinerlei Symptome festgestellt, die mit CasaMV1 assoziiert wären:
- Kein Kümmerwuchs
- Keine Blattveränderungen
- Keine Reduktion der Blütenqualität
- Kein Einfluss auf THC-, CBD- oder Terpenwerte
In Studien trat CasaMV1 in gesunden wie auch kränklichen Pflanzen gleichermaßen auf – ohne Korrelation zum Gesundheitszustand. Es gilt daher als völlig apathogen.
Bedeutung für Hobbyzüchter
Für den privaten Anbau hat CasaMV1 keine praktische Relevanz:
- Es kann nicht „verhindert“ oder „behandelt“ werden
- Fast alle kommerziellen und traditionellen Hanfsorten tragen es ohnehin
- Es gibt keine Möglichkeit zur Entfernung, außer durch aufwendige meristematische Zellkultur
CasaMV1 ist deshalb ein Beispiel für “nicht-pathogene Viromelemente” – also RNA-Elemente, die zwar im Pflanzenkörper vorhanden sind, aber keine Krankheit verursachen.
Nachweis und Diagnostik
CasaMV1 kann nur durch gezielte molekularbiologische Verfahren nachgewiesen werden:
- RT-PCR mit spezifischen Primern
- RNA-Sequenzierung (NGS)
- Transkriptomanalyse
Standardlabore bieten derzeit keine Routine-Tests auf CasaMV1 an, da keine praktische Notwendigkeit besteht. Schnelltests oder ELISA sind nicht möglich, da das Virus keine Hüllstruktur besitzt.
Management und Prävention
Da CasaMV1:
- nicht infektiös ist
- nicht übertragen wird
- und keine Schäden verursacht,
ist kein Management erforderlich. Präventive Maßnahmen sind unnötig. Wer ein vollständig virusfreies Ausgangsmaterial benötigt (z. B. für Forschungszwecke), müsste über meristematische In-vitro-Reinigung arbeiten – ein Verfahren, das im Hobbybereich kaum realisierbar ist.
Fazit
Cannabis Mitovirus 1 (CasaMV1) ist ein faszinierender Bestandteil des Viroms von Hanf, aber kein Grund zur Sorge für Hobbygärtner oder Züchter. Es stellt keine Bedrohung dar, ist extrem stabil vererbt und zeigt keinerlei Symptome. Als wissenschaftliches Objekt hochinteressant – als praktisches Problem nicht existent.
Quellen
- Miotti, N. et al. (2023): A Guide to Cannabis Virology. Viruses 15(7):1532
- Righetti, L. et al. (2018): Not the one, but the only one: About Cannabis cryptic virus. European Journal of Plant Pathology 150(2):575–588
- ICTV – Mitoviridae Family Description
- NCBI GenBank – Cannabis mitovirus 1 Reference Sequence